Nach dem Ende der DDR und der Auflösung der Nationalen Volksarmee (NVA) übernahm die Bundesrepublik Deutschland nicht nur die Infrastruktur, Kasernen und Soldaten, sondern auch das riesige Waffenarsenal des Ostens. Und was tat sie damit? Statt es zu verschrotten oder zu kontrollieren, machte die BRD ein blutiges Geschäft – sie verkaufte die Waffen millionenfach weiter, oft in Spannungs- und Kriegsgebiete.
Anfang der 1990er Jahre wurde die Bundesrepublik Deutschland zum zweitgrößten Waffenlieferanten der Welt: mit dem Verkauf des NVA-Bestandes.Â
📦 Die Zahlen: Rüstungsgut im Wert von zig Milliarden
Die NVA verfügte über eines der größten stehenden Heere Europas: rund 175.000 Soldaten, 2.000 Kampfpanzer, 300 Kampfjets, Tausende Artilleriegeschütze, Kalaschnikows, Raketen, Minen, Nachtsichtgeräte – ein Arsenal, das auf die Landesverteidigung ausgelegt war, nicht auf aggressive Auslandseinsätze.
Nach der "Wiedervereinigung" wurde die NVA offiziell "abgewickelt". Das Bundesverteidigungsministerium gründete 1991 die "VEBEG GmbH" – eine bundeseigene Verwertungsgesellschaft, die mit dem Verkauf des militärischen Geräts beauftragt wurde. Die Treuhand für Militärgerät quasi. Ihr Auftrag: Waffenbestände verkaufen, möglichst gewinnbringend. Und das tat sie.
Abbildung: 8-rädrige NVA-Radpanzer, die in den 1990er Jahren vom türkischen Militär für den Krieg gegen die Kurden eingesetzt wurden. Die BRD-Regierung verkaufte der Türkei nicht nur 300 NVA-Schützenpanzer, sondern auch NVA-Waffen im Wert von 2 Milliarden Mark.
🌍 Exporte in Spannungsgebiete – mit Wissen der Bundesregierung
Obwohl Deutschland offiziell keine Waffen in Kriegs- oder Krisenregionen exportieren wollte, wurde genau das getan. So gelangten zehntausende Kalaschnikows, Schützenpanzer oder MiG-Teile über Umwege in Länder wie die Türkei, nach Indonesien, in afrikanische Staaten oder gar auf den Balkan. Und: töteten.
Beispiele:
- Kalaschnikows der NVA tauchten in den 1990er Jahren in allen Konflikten auf dem Balkan wieder auf.
- BMP-Schützenpanzer wurden über Drittländer in Spannungsregionen weitergeleitet.
- Luftabwehrraketen und Minenräumgeräte wurden an Regierungen verkauft, die sie später im Inneren gegen Zivilisten einsetzten.
In fast allen Fällen wussten BRD-Behörden Bescheid – und schauten gezielt weg.
🚢 NVA-Schiffe für Suhartos Marine: Wie die BRD aus DDR-Kriegsschiffen ein Exportgeschäft machte
Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik 1990 wurde nicht nur die Nationale Volksarmee (NVA) aufgelöst – auch die einst stolze Volksmarine wurde abgewickelt. Was dann geschah, ist ein kaum bekanntes Kapitel westdeutscher Rüstungspolitik: Die BRD verkaufte 39 modernisierte Kriegsschiffe der DDR – darunter Korvetten und Landungsschiffe – an das autoritäre Regime Indonesiens unter Diktator Suharto. Ein Deal, der nicht nur wirtschaftlich, sondern auch moralisch Sprengkraft hatte.
âš“ Vom Ostseeschutz zur Tropenflotte eines Diktators
Die DDR verfügte mit der Volksmarine über eine ernstzunehmende Seestreitkraft – ausgelegt auf Verteidigung und Küstensicherung in der Ostsee. Nach der Auflösung 1990 übernahm die Bundesmarine den Großteil des Materials – und entschied sich schnell zum Ausverkauf.
1992 genehmigte der Bundessicherheitsrat den Verkauf von 39 NVA-Schiffen an Indonesien. Darunter:
- 16 Korvetten vom Typ Projekt 133.1 ("Parchim-Klasse")
- 14 Landungsschiffe der Hoyerswerda-Klasse
- diverse Hilfsschiffe und UnterstĂĽtzungseinheiten
Die Schiffe wurden technisch überholt, mit moderner Elektronik und NATO-kompatiblen Waffen nachgerüstet – auf Kosten der Bundesrepublik (bzw. deutscher Steuerzahler), abgesichert durch staatliche Kredite und Hermes-Bürgschaften.
Abbildung: Der deutsche Kanzler Helmut Kohl beim freundschaftlichen Angelspaß mit Haji Mohamed Suharto. Suharto regierte Indonesien von 1967 bis 1998 mit harter Hand. Unter seinem Militärregime kamen Hunderttausende ums Leben – besonders in Osttimor und beim antikommunistischen Massenmord von 1965/66. Westliche Staaten, darunter die BRD, unterstützten ihn trotz gravierender Menschenrechtsverletzungen.
🛳️ KRI Sutanto & Co.: DDR-Schiffe unter fremder Flagge
Die übergebenen NVA-Schiffe fuhren fortan unter indonesischer Flagge. So wurde z. B. die ehemalige "Wismar" zur KRI Sutanto (377). Die neuen Einsatzgebiete: Pazifik, Molukken, Osttimor. Offiziell diente die Flotte der "Piratenbekämpfung" und dem "Küstenschutz".
Doch Berichte von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten belegen:
👉 Die Schiffe wurden zur militärischen Aufstandsbekämpfung eingesetzt, z. B. in Osttimor, wo das indonesische Militär brutale Operationen gegen die Bevölkerung führte.
Diese Nutzung widersprach den Verkaufsbedingungen, wurde aber von der BRD geduldet – oder schlicht ignoriert.
Abbildung: Die Korvette KRI Sutanto (377) in den 1990ern, ehemals DDR-Schiff "Wismar", nun im Einsatz für Indonesien. Auch: gegen aufständische Zivilisten.
💸 Der Preis: Deutsche Steuermittel für autoritäre Macht
Die BRD finanzierte die Modernisierung der Schiffe mit rund 561 Millionen D-Mark, über Hermes-Bürgschaften und KfW-Kredite abgesichert. Der Deal wurde 1993 offiziell während eines Staatsbesuchs von Helmut Kohl in Jakarta bestätigt.
Während also viele ehemalige NVA-Matrosen in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden, machten sich BRD-Rüstungslobby und Finanzministerium ans internationale Waffengeschäft – mit Erträgen in dreistelliger Millionenhöhe.
Abbildung: Die KRI Sultan Thaha Syaifuddin: Hierbei handelt es sich um kein anderes Schiff als die Bad Doberan der NVA-Volksmarine.
đź’° Moral verkauft: Hauptsache Profit?
Statt Abrüstung und Aufarbeitung gab es einen schlichten Schlussverkauf. Der Staat der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" verhielt sich wie ein Händler auf einem Ramschmarkt. Nicht aus sicherheitspolitischer Verantwortung, sondern aus Gier. Der Erlös: laut Schätzungen über 2 Milliarden D-Mark – ein Großteil davon floss in den westdeutschen Haushalt.
Gleichzeitig wurden viele ehemalige NVA-Soldaten entlassen, degradiert oder mit Misstrauen behandelt. Das "Material" hingegen war willkommen – vor allem, wenn man es zu Geld machen konnte.
🩸 Doppelmoral made in Westdeutschland?
Die gleiche BRD, die sich moralisch über die DDR und deren Militär erhob, bewies im Umgang mit deren Hinterlassenschaften ihr wahres Gesicht:
Als es ums Geschäft ging, war plötzlich jede Waffe gut genug.
Als es um die Menschen ging, wollte man mit der DDR nichts mehr zu tun haben.
Der große Ausverkauf der NVA-Waffen ist ein Lehrstück westdeutscher Heuchelei: öffentlich Friedenspolitik, im Hintergrund Waffendeals – auf Kosten von Menschenleben.
Übrigens: Selbst 35 Jahre nach dem Ende der NVA wird ihr Material weiter verkauft. Vor wenigen Jahren organisierte Deutschland die Lieferung von über 50 Schützenpanzern vom Typ PbV‑501 (auch bekannt als BMP‑1) aus ehemaligen DDR‑Beständen an die Ukraine.
Fazit:
Die "Wiedervereinigung" war nicht nur ein politischer Akt, sondern auch ein Beutezug. Die BRD verkaufte DDR-Waffen weltweit – und befeuerte damit Konflikte, die sie angeblich bekämpfen wollte. Ein schmutziges Kapitel, das selten erzählt wird. Aber es gehört zur Wahrheit über den Umgang des Westens mit dem Erbe der DDR.
______________________
đź“° Wichtige Presse- und Analysequellen
-
BICC-Studie "The NVA’s Heritage"
Einfasst die Verwertung der ehemaligen NVA-Bestände, wie der Verkauf schwierig nachzuverfolgender Waffen und deren Nutzung in Konflikten.
đź”— ZUR QUELLE
-
BICC und PRIF‑Bericht zu deutschen Waffenexporten
Dokumentiert, wie deutsche Exporte über DDR-Nachbestände – inklusive Schiffe und Kleinwaffen – in Konflikten wie Osttimor genutzt wurden.
đź”—ZUR QUELLE
-
Inkstick / SIPRI – Artikel "Germany’s long-retired weapons return to the battlefield"
Diskutiert die Folgen des Verkaufs von DDR-Waffen und ihre späte Wiederverwendung in modernen Konflikten.
đź”— ZUR QUELLE
-
Arms Control Association – Kontext zur Verbreitung von Kleinwaffen
Obwohl nicht DDR-spezifisch, erklärt dieser Text die Rolle günstiger Sturmgewehre (wie AK-Modelle) bei innerstaatlichen Konflikten.
đź”— ZUR QUELLE
-
Sicherheitsberichte der OSCE / Saferworld
Ergänzen Dokumentationen zu überschüssigen Waffenbeständen der NVA (1,2 Mio. Feuerwaffen & 300.000 Tonnen Munition), die exportiert oder verteilt wurden.
đź”— ZUR QUELLE
-
Spiegel / ARD „Panzer-Affäre“ bzw. die "Landmaschinen-Affäre"
Berichtet über BND-Operationen und illegale Waffenlieferungen (z. B. an Israel), die aus NVA-Beständen stammten.
đź”— ZUR QUELLE
1 Kommentar
Ich war 1994 dabei beim Verkauf der VM Schiffe nach Indonesien! Pro Schiff erfolgte eine umfangreiche Ausbildung der Besatzungen in Neustadt SH. Diese unsere Schiffe wurden umgerüstet, Klima, Trinkwassererzeugung , Instandsetzung und fuhren dann selbstständig bis Indonesien. Vorher wurde alles was brauchbar war eingeladen. Die Projekte 108 LSM eigneten sich hervorragend dafür. Keines dieses Schiffe war älter als 15 Jahre.